Lehr- und Lernformen: Heute

Neben den technischen Aspekten eines erfolgreichen Einsatzes innovativer Lehr- und Lernformen in der Berufsbildung spielen die Faktoren Bedarf, Akzeptanz und Umsetzbarkeit im Kontext der Lernorte Berufsschule und Ausbildungsbetrieb eine zentrale Rolle. Um zu beleuchten wie es in der aktuellen Ausbildung von Medientechnologen Druck um diese Faktoren gestellt ist, wurden im Projekt Social Augmented Learning unter der Federführung der Bergischen Universität Wuppertal Akteure beider Lernorte befragt [1]. Welche Ergebnisse diese Befragung lieferte und welche Schlüsse für die weitere Projektarbeit daraus gezogen werden konnten, wird im Folgenden kurz geschildert. Eine detailliertere Zusammenfassung können Sie am Ende dieses Beitrages herunterladen.


Lernort Schule [2]

Ob und wie innovative Lehr- und Lernformen bereits an Berufsschulen eingesetzt werden, hängt stark vom Einzelfall ab. Das ist eines der Ergebnisse der repräsentativen Umfrage, bei der bundesweit alle Schulen, die zurzeit Medientechnologen Druck ausbilden, befragt wurden. Dennoch lassen sich Tendenzen erkennen.

Während computer- und webbasierte Lernformen und Simulationen, präsentiert mit PC und Beamer, weit verbreitet sind, kommen dezidierte Lernplattformen nur selten zum Einsatz. Auch der Einsatz privater Smartphones und Tablets zu Lernzwecken ist an vielen Schulen bisher nicht oder nur im Rahmen vorheriger Absprachen erlaubt. Und obwohl sich Schüler und Auszubildende regelmäßig privat in sozialen Netzwerken aufhalten, wird die soziale Vernetzung im Rahmen der schulischen Ausbildung, vor allem mit Blick auf den Datenschutz, meist nicht zur Kommunikation eingesetzt.

Neben den oben genannten Faktoren stehen zudem meist harte Fakten einem erfolgreichen Einsatz neuer Lehr- und Lernformen gegenüber. Zu diesen gehört, dass an den Schulen nur in einigen Fällen mobiles Internet über WLAN verfügbar ist und Schüler zudem nicht in allen Fällen darauf zugreifen können. Auch sind mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets in der Regel nicht in Form eines Tabletpools vorhanden, sodass Schüler auf private Geräte zurückgreifen müssten. Da der Bring-Your-Own-Device Ansatz (BYOD) aber ebenso an einigen Schulen nicht ermöglicht oder genutzt wird, stehen den Schülern also an vielen Schulen gar keine Möglichkeiten zur Verfügung, abseits des Unterrichts im Computerlabor, an mobilen, neuen Lernformen teilzuhaben.

Die genannten negativen Faktoren stehen dem grundsätzlichen Interesse der Schulen an digital aufbereiteten Lerninhalten gegenüber. Die Mehrheit der befragten Lehrer kann sich vorstellen, solche Inhalte nicht nur zu nutzen, sondern auch selbst zu erstellen und mit anderen zu teilen. Vor allem mit Blick auf eine gesteigerte Lernortkooperation zwischen Schulen und Betrieben attestieren sie ein Verbesserungspotenzial, das – wenn z. B. durch neue Lehr- und Lernformen erschlossen – letztendlich auch zur Steigerung der Ausbildungsqualität beitragen könnte.

Bedarf
Die Befragung lässt auf einen hohen Bedarf der Schulen an neuen und innovativen Lehr- und Lernformen schließen. Gerade mit Blick auf die Förderung von und Forderung nach mehr Medienkompetenz, nicht nur im privaten sondern auch im beruflichen Alltag von Lehrenden und Lernenden, können Lehr- und Lernformen, die das Potenzial moderner Technologien ausnutzen, neue Wege eröffnen. Nicht zuletzt besteht ein hoher Bedarf an neuen Kommunikationsmöglichkeiten abseits der etablierten Lernorte, die es allen Beteiligten ermöglichen individuelles und selbstgesteuertes Lernen zu ermöglichen und zu fördern.

Akzeptanz
Allgemein betrachtet werden zwar häufig schon technikgestützte Lehr- und Lernformen an Berufsschulen eingesetzt. Um aber den Sprung vom Computer zu mobilen (vielleicht sogar privaten) Endgeräten wie Smartphones und Tablets zu schaffen, bedarf es noch einer gewissen Überzeugungsarbeit. Dem Interesse der Lehrer an solchen digitalen und neuartigen Konzepten stehen häufig Hemmnisse gegenüber, die auf ungewohnten Lernarrangements, fehlender technischer Umsetzbarkeit oder nicht unmittelbar sichtbaren Vorteilen basieren können. Es gilt also, vor allem mit Blick auf die weitere Projektarbeit, Vorteile aufzuzeigen, intuitiv nutzbare Lernarrangements zu schaffen und die technischen Aspekte so einfach wie möglich zu gestalten.

Umsetzbarkeit
Die zeit- und ortsunabhängige Nutzung von mobilen Geräten und die ubiquitäre Internetverbindung sprechen für die Umsetzbarkeit von innovativen Lernformen. Allerdings sind dafür einige Stolpersteine zu überwinden. Vor allem hinsichtlich der aktuellen WLAN-Verfügbarkeit und der Einbindung mobiler Endgeräte in technikgestützte Lehr- und Lernarrangements gilt es, die Schulen für die Zukunft zu rüsten. Ob hier nun eigene Tabletpools unterhalten werden oder funktionale und effektive BYOD-Ansätze implementiert werden, hängt letztlich von der schulpolitischen Ausrichtung ab. Nichts desto trotz sollte es das Ziel sein, den Schülern die Nutzung der leistungsfähigen, mobilen Rechner – die sie sonst nur privat nutzen – auch im Lernen zu ermöglichen.

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Lernort Betrieb [3]

Während in der Berufsschule zumindest aktuell schon häufig digitale und computergestützte Lernarrangements existieren, finden digitale Lernformen derzeit so gut wie nie Einsatz in der betrieblichen Ausbildung. Befragt wurden bundesweit 97 ausbildende Betriebe.

Mobile Endgeräte werden im beruflichen Kontext – zumindest im betrachteten Ausbildungskontext – eher negativ eingeschätzt und in der Regel am Arbeitsplatz verboten. Vor allem eine potenzielle Ablenkung der Auszubildenden (z. B. durch private Kommunikation am Smartphone) wird als hinderlich eingeschätzt und führt zu einer tendenziell ablehnenden Haltung der Betriebe, auch wenn durchaus auch positive Aspekte der Geräte (wie z. B. ubiquitäre Recherchemöglichkeit) erkannt werden. Analog zu den Berufsschulen finden soziale Netzwerke häufig keine Anwendung zur Kommunikation zwischen Ausbildern und Auszubildenden. Vor allem mit Blick auf die Privatsphäre und die Trennung zwischen Arbeitsplatz und Privatleben wird hier aktuell kein großer Vorteil der sozialen Netzwerke im Lernkontext erkannt. Fast alle befragten Betriebe besitzen eine eigene IT-Abteilung und stellen häufig auch WLAN im Arbeitsbereich der Medientechnologen Druck zur Verfügung, wobei Auszubildenden in der Hälfte der Fälle zunächst kein Zugriff gestattet wird.

Auch wenn die aktuelle Situation in ausbildenden Betrieben es eher nicht vermuten lässt, äußerten die befragten Betriebe dennoch ein großes Interesse an digitalen, mobilen Lerninhalten, die sie sowohl in der beruflichen Erstausbildung als auch in betrieblichen Weiterbildungen einsetzen würden. Ebenso wie die Berufsschulen sehen auch die Betriebe ein Verbesserungspotenzial bei der Lernortkooperation. Diese wird zwar aktuell von allen Parteien (Lehrern und Rektoren, Ausbildern und Geschäftsführern) unterstützt, scheint aber dennoch in vielen Fällen nicht richtig zu funktionieren. Welche Faktoren hier die erfolgreiche Kooperation hemmen, wird auch im Projekt Social Augmented Learning weiterhin untersucht und zur Verbesserung des Lehr- und Lernkonzeptes herangezogen.

Bedarf
Die Befragung lässt darauf schließen, dass Betriebe generell schon einen Bedarf an neuen Lehr- und Lernformen haben, bei der Implementation und Umsetzung aber durchaus Unterstützung gebrauchen können. Mit Blick auf bestehende Akzeptanzprobleme (siehe nächster Punkt) kann Social Augmented Learning hier in einer Vorreiterrolle die Vorteile moderner und mobiler Lernarrangements aufzeigen, die sowohl den schulischen als auch den betrieblichen Bedarf an neuen Lehr- und Lernformen bedienen.

Akzeptanz
Aktuell muss – von den Ergebnissen der Befragung ausgehend – davon ausgegangen werden, dass Betriebe zur Zeit sowohl mobilen Endgeräten als auch sozialen Netzwerken gegenüber sehr negativ eingestellt sind. Eine bedingungslose Akzeptanz für neue Lehrformen, die diese Aspekte in innovative Lernkonzepte integrieren, kann also nicht attestiert werden. Da dennoch ein Interesse an neuen Lernformen zu besteht, fehlt hier anscheinend noch ein positiver Beispielfall, der die zahlreichen Vorteile moderner Lehr- und Lernformen aufzeigt. Gerade hier kann das Social Augmented Learning Überzeugungsarbeit leisten, weshalb der betriebliche Part der Ausbildung von Medientechnologen Druck und somit der Lernort Betrieb gleichwertig zum schulischen Part Gegenstand sein sollte.

Umsetzbarkeit
Da die technische Infrastruktur zur Implementierung neuer Lehr- und Lernformen in Betrieben meist gegeben ist, fehlt es eigentlich nur noch an einem ausbildungspolitischen Umdenken diese Infrastruktur auch Auszubildenden verfügbar zu machen. Ob hier nun ein – in Betrieben häufig schon eingesetzten – BYOD-Ansatz verfolgt wird, oder den Auszubildenden betriebseigene Geräte zur Verfügung gestellt werden, spielt letztlich keine große Rolle, solange dadurch neue Möglichkeiten erschlossen werden innovative und effektive Lehr- und Lernformen einzusetzen.

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Bedeutung für das Social Augmented Learning [2] [3]

Die Aspekte Bedarf, Akzeptanz und Umsetzbarkeit moderner Lehr- und Lernformen, wie dem Social Augmented Learning, konnten mit Hilfe der durchgeführten Befragung näher beleuchtet werden. Der Bedarf an innovativen technologiegestützten Lehr- und Lernformen zeigt sich in der aktuellen Diskrepanz zwischen staatlichem Bildungsauftrag und den eingesetzten, größtenteils konventionellen, Medien. Um eine effektive und effiziente Umsetzbarkeit zu gewährleisten, gilt es vor allem infrastrukturelle (z. B. im Bezug auf die WLAN Verfügbarkeit) und personelle Hürden (z. B. im Bezug auf mangelnde Akzeptanz) zu reduzieren.

Der Mehrwert eines neuen digitalen Lehrkonzeptes für die Ausbildungsstätten muss aufgezeigt und sichtbar gemacht werden, um die Akzeptanzrate zu steigern. Vor allem zur Steigerung der Lernortkooperation eignet sich das Social Augmented Learning, dessen sozial-kollaborativer Ansatz ein Lernen auch außerhalb bekannter Lernorte ermöglicht und fördert. Gerade die Verbindung von fachtheoretischen Lerninhalten mit praktischen Handlungskompetenzen steht hier im Vordergrund einer qualitativen Steigerung der dualen Berufsausbildung, verbunden mit einer verbesserten Vorbereitung auf das Arbeiten in einer modernen Wissensgesellschaft [4].

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Download: Zusammenfassung

 

Quellen:

  1. Die Befragung lief im Rahmen zweier Bachelor-Abschlussarbeiten, weshalb wir an dieser Stelle besonders Bianca Schmitt und Manoel Eich für die erfolgreiche Zusammenarbeit danken, und ihnen auf ihrem weiteren Weg alles Gute und viel Erfolg wünschen.
  2. Schmitt, B. (2014): Bachelor-Thesis. Social Augmented Learning – Analyse zu Bedarf, Akzeptanz und Umsetzbarkeit innovativer Lehr- und Lernformen in der Berufsbildung von Medientechnologen Druck (Schwerpunkt: Schulische Ausbildung). Teilstudiengang Druck- und Medientechnik. Bergische Universität Wuppertal
  3. Eich, M. (2014): Bachelor-Thesis. Social Augmented Learning – Analyse zu Bedarf, Akzeptanz und Umsetzbarkeit innovativer Lehr- und Lernformen in der Berufsbildung von Medientechnologen Druck (Schwerpunkt: Betriebliche Ausbildung). Teilstudiengang Druck- und Medientechnik. Bergische Universität Wuppertal
  4. BMBF(2013): OECD würdigt duale Prinzipien der Berufsbildung. [Pressemitteilung 079/2013] Bezogen auf: OECD Studie: Skills beyond School und Quennet-Thielen, Cornelia: Duale Ausbildung ist hervorragende Vorbereitung für das Berufsleben. Berlin. Referat Presse & Strategische Kommunikation, +49 (0)30/18 57-50 50. http://www.bmbf.de/press/3485.php?pk_campaign=05-07-2013-+Newsletter+-+BMBF+-+Pressemitteilungen&pk_kwd=http%3A%2F%2Fwww.bmbf.de%2Fpress%2F3485.php
    (zuletzt aufgerufen 5.9.2014)

Christian Dominic Fehling

Christian Dominic Fehling ist seit 2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Systemforschung der Informations-, Kommunikations- und Medientechnologie der Bergischen Universität Wuppertal. Sein Forschungsschwerpunkt liegt in der Entwicklung von technikgestützten Lernaktivitäten, unter anderem mit Augmented & Virtual Reality.

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