Konsortium: Gemeinsam die Zukunft gestalten
Erstes Treffen zur Konsortiumsbildung von AR/VR-Content
— Zusammen geht es leichter und schneller —
Wie kann die Erstellung von AR/VR-Lerncontent erleichtert werden?
Wie können CAD-Daten einfacher zu einem funktionalen 3D-Modell für den Bildungseinsatz umgewandelt werden?
Wie kann eine Zusammenarbeit verschiedener Akteure für diese Ziele funktionieren?
Diese und andere Fragen diskutierten Vertreter/innen von Contenterstellern, Hochschulen, anwendenden Unternehmen, Verlagen und Bildungseinrichtungen am 8. Mai 2018 in Wiesloch. Zu Beginn erläutere Thomas Hagenhofer, Koordinator des Projekts SVL2020, die Idee eines gemeinsamen, fallübergreifenden Konsortiums von Akteuren im Umfeld der AR- und VR-Inhalteproduktion sowie anschließend die Funktionsweise des in SAL/SVL entwickelten Autorenwerkzeugs.
Um dieses Thema entwickelte sich, moderiert von Dr. Lutz Goertz vom mmb-Institut, eine lebendige Diskussion, in der die unterschiedlichen Zugänge und Sichtweisen der Anwesenden deutlich wurden.
- Findung, Definition und Formulierung von Konsortiumszielen
- Strategien zur Konsortiumsbildung und -etablierung
- Operative Ziele
- Diskussion, Ergebnisse und die nächsten Schritte
Findung, Definition und Formulierung von Konsortiumszielen
Von Vertretern/innen aus den Bereichen Bildung und Industrie wurde vor allem die Notwendigkeit betont, einen standardisierten Prozess und ein Werkzeug einzusetzen, das dem Lernen mit AR/VR die Fülle an unterschiedlichen Maschinen und Produkten zugänglich macht. Es wurde die Gefahr gesehen, dass die Anforderungen der beruflichen Bildung in Deutschland bei zu erwartenden Lösungen durch die internationalen Softwarekonzerne unter die Räder kommen könnten. Daher sei es wichtig, selbst aktiv zu werden. Die bisherigen Pilotanwendungen müssten in Standard-Lösungen überführt werden. Aus dem Bereich der Contenterstellung wurden eher kritische Meinungen zum Thema Standardisierung geäußert. Die Marktanforderungen seien so heterogen, dass ein Autorenwerkzeug die Vielfalt an Funktionen nicht bereitstellen könne. Bisher dominiere die individuelle Produktentwicklung. Das Konzept einer Contenterstellung durch Fachexperten sei auch schon zu früheren Zeiten im E-Learning gescheitert.
Ein wichtiges Thema war die Frage, wie die Akquise/Produktion von 3D-Daten erleichtert werden kann. Hier wurde angeregt, einen standardisierten Workflow zu etablieren — von den CAD-Daten bis zu einem funktionalen 3D-Modell. Zudem müssten nicht Autorenwerkzeuge standardisiert werden, sondern der Lerncontent. Aber auch Schnittstellen sollten definiert werden, die den Datenaustausch zwischen verschiedenen Autorenwerkzeugen ermöglichen.
In der Diskussion wurde zum einen angeregt, den Fokus auf dem Bildungseinsatz zu belassen, weil hier aktuell die meisten konkreten Projekte durchgeführt werden. Zum anderen dürfen aber auch die Berührungspunkte zu Maintenance, Wissensmanagement und -dokumentation nicht übersehen werden. Im Bildungsbereich wurde zudem eine mangelnde Unterstützung bei der Vermittlung von technischen und didaktischen Skills zum Einsatz von AR/VR für Lehrende angesprochen. Generell sei eine didaktische Einbettung von virtuellen Welten wichtig, z. B. durch themenbezogene Lehr- und Lernmodule.
Strategien zur Konsortiumsbildung und -etablierung
Ein weiteres Diskussionsfeld entwickelte sich zu der Frage, ob man sich für ein solches Konsortium am Entstehungsprozess des KNX-Bus-Standards oder auch an LINUX orientieren könne, wo ähnliche Konsortien die Entwicklung bestimmt haben. Während einige Teilnehmer Parallelen sahen und sogar die Gründung einer entsprechenden Stiftung ins Spiel brachten, warnten andere davor, einen rein technischen Standard als Vorbild für den Bereich AR/VR zu sehen. Einige stellten fest, dass die Entwicklung von Hard- und Software für AR/VR so dynamisch sei, dass man heute nicht einmal für zwei Jahre vorausplanen könne.
Eine Teilnehmerin aus der nicht-industriellen Wirtschaft fand die Idee des Konsortiums grundsätzlich gut, sah aber sehr unterschiedliche Anforderungen der verschiedenen Sektoren (nur instruktive, explorative oder auch gestalterisch/kreative). Es sei schwierig, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Ein anderer betonte, es gehe hier nicht um den individuellen Lerninhalt, sondern um das Vehikel, mit dem man ganz verschiedene Anforderungen bewältigen könne. Es sei wichtig, sich ein wenig aus der eigenen Welt zu lösen und eine umfassendere Perspektive einzunehmen.
Als Fazit sprachen sich alle Beteiligten dafür aus, an der Idee des Konsortiums zu arbeiten. Eine Zusammenarbeit sei dringend notwendig. Zudem sollten auch die Hochschulen bzw. deren Arbeitskreis AR/VR hinzugezogen werden. Eine stärkere Vernetzung sollte mit den sehr aktiven Akteuren im Healthcare angestrebt werden (Modell vom virtuellen Patienten).
Unterschiedliche Meinungen gab es zur Frage, ob Gerätehersteller einbezogen werden sollten. Einerseits müsse die Contenterstellung geräteunabhängig sein, andererseits erwarte man wichtige Impulse von diesen Unternehmen, die man beim Aufbau eines Konsortiums berücksichtigen sollte.
Zur weiteren Gestaltung des Konsortiums wurden zwei Ebenen vorgeschlagen, die technisch-fachlich-inhaltliche Ebene und die organisatorische Ebene.
Operative Ziele
Im Anschluss diskutierten die Teilnehmenden weiter zu den Themen Autorenwerkzeug und Lizenzmodelle. Aus Sicht einer Hochschule sollte eine einfache Lösung angestrebt werden, die ohne Schulungsaufwand nutzbar sein soll. Für Hochschulen müssten tragbare Lizenzbeiträge erhoben werden. Mehrere Diskutanten betonten die Bedeutung einer intuitiven Bedienung, die auch Fachexperten ohne zusätzlichen Schulungsaufwand bedienen können sollten. Entscheidend sei die didaktische Einbettung, um tatsächlich einen Kompetenzerwerb zu unterstützen. Deshalb sollte eine Systematisierung des AR/VR-Einsatzes erarbeitet werden.
Ein Teilnehmer sprach sich für eine Aktualisierbarkeit des Contents in „real time“ aus und betonte die Bedeutung der Vernetzung mit anderen Lernangeboten.
Von Contenterstellern wurde die Frage gestellt, ob ein Autorenwerkzeug überhaupt im Fokus stehen sollte. Es gäbe unterschiedlichste Lernziele, die mit AR/VR unterstützt werden könnten. Daher müsse erst bestimmt werden, um welche wir uns kümmern wollen. Ein anderer Teilnehmer schlug vor, sich auf die Generierung der funktionalen 3D-Modelle aus CAD-Daten als gemeinsamen Nenner zu konzentrieren.
Die Diskussion zu den Lizenzmodellen gab die sehr unterschiedlichen Standpunkte und Erfahrungen zu diesem Thema wieder. Die meisten Teilnehmenden betonten, dass es kaum möglich sei, im Bereich AR/VR Standardmodelle zu entwickeln. Nur im Kleinkundenbereich seien SaaS-Modelle sinnvoll. In der Debatte spielte auch die Frage eine Rolle, wie sich Mehrwerte durch den Einsatz von AR/VR nachweisen ließen. Nur dann sei es möglich, passende Lizenzmodelle am Markt zu platzieren. Allgemein zeichnete sich die Tendenz ab, sich im Softwarebereich nicht allzu lange an einen Anbieter zu binden. Zeitmodelle von mehreren Monaten bis zu einem Jahr seien die Regel. Auch wenn in der Praxis verschiedene Modelle genutzt würden, seien Pay-per-use-Lizenzen für die Endkunden nicht vorteilhaft.
Eine große Rolle spielte die Frage des Supports. In den meisten Fällen seien in AR/VR eher kurzfristige Projektlizenzen im Einsatz, bei denen die konkrete Unterstützung durch den Lizenzgeber oder einen dritten Anbieter für eine erfolgreiche Durchführung wichtig sei.
Diskussion, Ergebnisse und die nächsten Schritte
In der zusammenfassenden Diskussion wurde von vielen betont, dass die Zielsetzung und Vision des Konsortiums stärker herausgearbeitet werden müsse. Man sei heute zu schnell ins Detail gegangen. Dies könne aber nachgeholt werden, aufgeworfene Fragen sollten zusammengefasst und dokumentiert werden. Derzeit gäbe es zu viele unkoordinierte Aktivitäten im Feld, nötig seien aber strategische Ansätze.
Generell wurde der nutzbringende Austausch in einem solchen zu entwickelnden heterogen zusammengesetzten Netzwerk betont. Auch die Bildung von Special Interest Groups sei denkbar. Zudem wurde die Suche nach Fördermitteln für ein solches Konsortium angesprochen. Strittig blieb die Frage nach der Rolle von Autorenwerkzeugen, insbesondere bei den Contententwicklern. Von vielen wurde bekräftigt, dass für die Endkunden die Vorteile von AR/VR deutlicher dargestellt werden müssten.
Ein nächstes Treffen wurde durch das SVL-Team für Ende 2018 signalisiert. Lutz Goertz bedankte sich im Namen des Projektverbundes bei den Teilnehmenden und wünschte eine gute Heimreise.
Mehrere Teilnehmende fragten nach Terminen, an denen man SAL/SVL-Demos sehen könne. Diese sind auf der Terminseite dieser Webseite gesammelt.
Zur Frage, für welche Einsatzfelder sich VR unter anderem eignet, hat Dr. Lutz Goertz einen Blogbeitrag geschrieben.
Für weitere Informationen oder bei Interesse an einer Mitarbeit senden Sie eine Mail an:
Offene Fragen für die weitere Arbeit im Konsortium
- Wie kann die Zielsetzung eines heterogen zusammengesetzten Konsortiums konkretisiert werden? (Interessensverbund, institutionalisierte Lösung, „größter gemeinsamer Nenner“ vs. „special interest groups“)
- Wie können die Mehrwerte von AR/VR im Bereich des Lernens und darüber hinaus breiter sichtbar gemacht werden?
- Welche Rolle spielen Autorenwerkzeuge in Abgrenzung zu Engines/SDKs im Kontext einer individuellen und individualisierten Inhalteproduktion
- Welche Inputs können Teilnehmende des Konsortiums liefern und wie lassen sich daraus für alle Mehrwerte generieren? (Knowledge-Sharing, Entwicklung operativer und strategischer Kooperationen, Austausch und gemeinsame Content- und Engine-Entwicklung)